GESCHICHTSVEREIN DILLENBURG e.V.
Dillenburg um 1840

Stadtgeschichte

Erinnerungen an eine glanzvolle Vergangenheit

"Wtr Ludewig von Gottes genaden Romischer Kaiser ze allen ziten merer des Richs veriehen offenlichen mit disem briet daz wir dem edeln manne Otten Grafen ze Nazzowe unserm lieben getruen durch sunder lieb die wir zu im haben sin burg und tal genant Tillenberg gefryet haben und geben den luten die in dem selben tale und och burge ewecliehen wonend sind und werdent von unserm kaiserlichem gewalt allie die recht die unser und des Richs stat Gallnhusen hat mit disem briet Und darieber ze urchunde geben wir disen briet versiegelten mit unserm kaiserlichen insigel der geben ist ze Wisebaden an Sant Matheus abent des zwelfbotten nach Kristus geburt druzehenhundert jare darnach in dem vierundviertziustem jare in dem drizzigste jare unsers Richs und in dem sibentzehndem des Kaisertumes."

Im Zwingel

Mit diesen Worten aus der Stadtrechtsverleihungsurkunde des Kaisers Ludwig der Bayer von 1344 beginnt die Geschichte der "Stadt" Dillenburg.

Das alte Dillenburg, höchstwahrscheinlich zusammen mit der Burg um 1130 herum gegründet lag als Burgsiedlung am bereits genannten Kirchberghang. Möglicherweise wurden die Bewohn der irgend-wann im Mittelalter ausgegangenen Siedlungen Mannhausen (im Gebiet Obi/Ströhe/Manderbachtal zu vermuten) und Lauffeld (beim Lauffelder Stein, vermutlich im heutigen Bahnhofsgelände zu lokalisieren) ausgesiedelt und im vielleicht erst später so genannten "Tal", der zur Burg gehörigen Kirchbergsiedlung, angesiedelt. (Im benachbarten Siegen gab es einen ähnlichen Vorgang: Die Bewohner von Leimpe verließen ihren Ort und zogen um nach Siegen.) Der Dillenburger Graf brauchte schließlich Leute als Besatzung für die Burg, vor allem in der An- fangsphase, als die Dillenburg eine Grenzburg war, ganz nahe dem feindlichen Gebiet. Die Adligen von Dernbach, die zu den größten Feinden der Dillenburger Grafen zählten, schafften es schließlich auch um 1325, die Festung und vermutlich auch etliche Gebäude der Wohnsiedlung im Tal zu zerstören.

Dieses "Tal" am Kirchberghang juristisch höher als ein Dorf, aber niedriger als eine Stadt anzusiedeln, obwohl Tal-Orte fast die gleichen Rechte wie kleine Landstädte haben können - war wohl auch schon in der Zeit vor der offiziellen Stadtrechtsverleihung stadtähnlich geschätzt. Die Terrasse des Kirchbergs, auf der jene Straße lag, die damals den Ort Dillenburg darstellte, war zwecks Verbreiterung mit einer Stützmauer versehen worden. Unterhalb dieser Befestigung floß die Dill - sozusagen durch die heutige Hauptstraße. So boten also (Stütz-) Mauer und Fluß (später ein Totarm der Dill) zusammen ein Hindernis, das dem einer Burgmauer mit davor liegendem Wassergraben ähnelt. Jetzt brauchten nur noch die Zugänge zum Kirchberg - vermutlich Richtung Hüttenplatz und Richtung Marbach - gesichert zu werden. Dazu konnte man Schläge, Hecken (Gebück) und dergleichen anlegen. - Später wurden weitere Häuser auch unterhalb der Stützmauer gebaut, aber immer noch geschätzt durch die daran vorbei fließende Dill.

Band XIII (1998) Spalten 1260-1264 Autor: Hans-Josef Krey WILHELM I. von Oranien, * 25.4. 1533 Dillenburg, + 10.7. 1584 Delft.

Im Zwingel

Als ältester Sohn des Grafen Wilhelm des Reichen von Nassau-Dillenburg (1487-1559) und der Juliana von Stollberg wurde Wilhelm lutherisch erzogen. Elfjährig erbte er 1544 von seinem Cousin René von Chalon den Fürstentitel von Oranien, der mit umfangreichem Besitz um Breda und im Rhonetal verbunden war. In den habsburgischen Niederlanden war ein Lutheraner aber nicht erwünscht. So wurde eine katholische Erziehung zur Bedingung gemacht. Anfangs im Schloß der Nassauer in Breda unter die Vormundschaft von drei katholischen Adeligen gestellt, übersiedelte W. im Dezember 1549 an den Brüsseler Hof Kaiser Karls V, der ihn seiner Schwester Maria von Ungarn, der Regentin der Niederlande, zur weiteren Erziehung anvertraute. Durch die Heirat Annas von Büren 1558 erbte er weiteren Besitz. Seit 1552 führte er die spanischen Truppen in den Niederlanden gegen Frankreich; 1555 berief ihn Philipp II. von Spanien in den Staatsrat der Niederlande, außerdem machte er ihn zum Ritter vom Goldenen Vlies und 1559 zum Statthalter von Utrecht, Zeeland und Holland, West-Friesland, Voorne und Brielle. In den habsburgischen Niederlanden suchte Phillip II. durch eine Neuordnung der Bistümer, welche auf die Loslösung von den Metropolitansitzen Köln und Reims abzielte, eine eigene Kirchenorganisation aufzubauen. Als Landesherr behielt er sich dabei die Besetzung der Bistümer vor. Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle (Granvella), wurde 1561 erster Erzbischof von Mecheln; zugleich berief ihn Phillip II. in den Staatsrat. Granvella hatte großen Einfluß auf Margarethe von Parma, seit 1559 Generalstatthalterin der Niederlande. Seine Pläne, wonach Klöster zur Dotation der neu zu gründenden Bistümer herangezogen und nur noch Universitätstheologen Bischöfe werden sollten, sowie die Einführung der Inquisition, provozierten den Widerstand der Prälaten und des übrigen Adels, den Oranien unterstützte. Zusammen mit Egmont und Hoorn widersetzte sich der seit 1561 mit der protestantischen Anna von Sachsen verheiratete Oranien den Forderungen Phillips II. von Spanien nach Unterstützung gegen die französischen Hugenotten. Diese Aktivitäten trugen dazu bei, sein Verhältnis zu Phillip II., zu Margarethe von Parma und zu Granvellals nach Ausweitung der Kompetenzen des Staatsrates, Einberufung der Generalstände, der Schaffung einer Gesandtschaft am spanischen Hof und Abschaffung der Inquisition. Die drei letztgenannten Forderungen wurden 1566 auch von einer Abordnung des niederen Adels vor Margarethe von Parma gebracht, was diesem die spöttische Bezeichnung »Geusen« (Bettler) einbrachte, die im späteren niederländischen Aufstand auf alle Aufständischen übertragen wurde. Oranien unterstützte auch die religionspolitischen Forderungen, obwohl er sich noch zur katholischen Kirche bekannte. 1564 hatte er im Staatsrat dem Landesherrn das Recht versagt, die Religion der Untertanen festlegen zu wollen, und er hatte die Nichtdurchführung der Tridentinischen Beschlüsse verlangt. Die weitestgehende Ablehnung der Forderungen des Adels durch Phillip II., verbunden mit dem Ausbruch sozialer Spannungen und der Agitation lutherischer und kalvinistischer Prediger, führte letztlich zur Radikalisierung. 1566 trat Oranien als Statthalter zurück, weil er die Inquisition nicht dulden wollte. Im Laufe dieses Jahres kam es in den Städten zu Bilderstürmen. Oranien hat letztlich erfolglos versucht, in Verhandlungen die Lage unter Kontrolle zu halten. Die Generalstatthalterin Margarethe von Parma wurde durch Herzog Alba abgelöst, der hart gegen die Opposition vorging (1568 Hinrichtung Hoorns und Egmonts). Oranien floh 1567 vor Alba in seine nassauische Heimat. Versuche Oraniens, 1568 und 1572 mit Hilfe von Söldnern, militärisch zu siegen, schlugen fehl. Daraufhin unterstützte er in Frankreich die französischen Hugenotten, zu denen er in der Folgezeit weitere Kontakte unterhielt. 1572 kämpfte Oranien wieder auf der Seite der niederländischen Aufständischen, die ihn erneut zum Statthalter machten. Das Ergebnis dieses Aufstandes war 1579 bis 1581 die sukzessive Spaltung der Niederlande in einen spanischen Teil und die selbständigen Generalstaaten. Oranien, der 1573 förmlich zum Kalvinismus übergetreten war, heiratete 1575 eine calvinische Bourbonin und nach deren Tod 1583 die Tochter Colignys. Er hatte bereits 1575 die Universität Leiden als die erste Universität der Niederlande gestiftet. Sie wurde ein Zentrum zur Ausbildung calvinistischer Theologen. In der Folgezeit blieb Oranien dennoch religiös tolerant. Im Jahre 1578 setzte er gegen Widerstände im Staatsrat einen Religionsfrieden durch, wonach unter bestimmten Bedingungen alle christlichen Bekenntnisse zu dulden waren. Mit diesem Religionsfrieden wollte er die Spaltung der Niederlande verhindern. Nach der förmlichen Absetzung Philipps II. 1581 durch die Generalstaaten betrieb Oranien die Wahl Franz' von Anjou zum Protektor, wollte aber, nachdem dieser 1583 abgedankt hatte, seine eigene Wahl erreichen. Dazu kam es jedoch nicht mehr. Der seit 1580 von Phillip II. Geächtete wurde am 10.7. 1584 im Schloß Delft durch den Jesuitenzögling Balthazar Gérard ermordet.

www.geschichtsverein-dillenburg.de